Von Zuhause ins Hospiz


„So lange ich klar im Kopf bin, möchte ich selbstbestimmt handeln"
, sagt Karin Barz. Am späten Nachmittag sitzt sie in der Sonne und trinkt vor dem Johannes-Hospiz Oberberg der Johanniter in Wiehl einen Kakao. Sie hält sich gerne auf der Terrasse am Haus auf. „Ich gewöhne mich gerade ein, schaue mich um und orientiere mich", sagt die Wiehlerin. Bisher war sie von einem Netzwerk ambulanter Hilfen umgeben, im Hospiz wird sie nun stationär palliativ betreut. Ihre erwachsenen Kinder haben Karin Barz mit dem Auto ins Hospiz gefahren, „Ich wollte nicht mit dem Krankenwagen hier ankommen", erklärt sie. Einige Stunden hat sie an diesem Tag noch mit ihren Kindern in der eigenen Wohnung verbracht. „Diese Momente wollte ich bewusst meiner Familie widmen."


Im Hospiz aufgenommen werden Menschen, denen der zuständige Arzt bescheinigt, dass eine Heilung ihrer Erkrankung nicht mehr möglich ist und diese in naher Zeit zum Tod führt. „Wir wissen jedoch nie, wie endgültig ein Abschied von zu Hause ist", meint Bettina Hüttig-Reusch. Die Pflegerin (Foto links) ist seit acht Jahren für das Aufnahme-Management im Johannes-Hospiz zuständig. „Keiner kann eine Prognose für die kommende Zeit abgeben, auch wenn diese begrenzt ist." Viele Menschen hätten das Hospiz für einige Tage oder Stunden wieder verlassen, andere seien endgültig in die eigene Wohnung zurückgekehrt, manche in eine Pflegeeinrichtung.

Wer sich nach einem Platz im Hospiz erkundigen will, ist bei Bettina Hüttig-Reusch an der richtigen Stelle. Dafür gibt die Johanniter-Mitarbeiterin ihre Telefonnummer 0172 2631758 gerne weiter. Angerufen wird sie unter anderem von Kliniken und Angehörigen, von Hospizdiensten und von den Betroffenen selbst.

„Die meisten Menschen wollen in ihrem eigenen Zuhause sterben", ist ihre Erfahrung. Doch manchmal sei eine Versorgung dort nicht zu leisten. „Manche Menschen haben keine Angehörigen oder diese sind berufstätig, wohnen weiter weg oder sind mit einer Sterbebegleitung überfordert." Ein schlechtes Gewissen sei dann nicht angebracht - im Gegenteil, betont die Pflegerin. „Jetzt könnt Ihr endlich wieder Sohn, Ehefrau oder Freundin sein und nicht mehr nur der oder die Pflegende", das sagt sie den Angehörigen, wenn ein Mensch ins Hospiz einzieht.

Meine Kinder hatten große Sorge um mich, jetzt sind sie vor allem nachts beruhigter und wissen mich im Hospiz in guten Händen", sagt Karin Barz. „Das Haus ist toll, es ist hell, modern und schön eingerichtet", findet sie. Sie ist froh, dass es im Hospiz keinen festgelegten Tagesablauf gibt: „Heute habe ich zum Beispiel bis zwölf Uhr mittags geschlafen." In ihrem Zimmer hat sie einen Fernseher, eine Couch mit Tisch und viele gerahmte Fotos ihrer Familie stehen. Formulare und Schriftstücke hat sie bei ihrem Einzug nicht bewältigen müssen.

„Niemand braucht Angst vor der Bürokratie zu haben, das erledige ich", informiert Bettina Hüttig-Reusch. Sie rät den Betroffenen, sich frühzeitig über einen Platz im Hospiz zu informieren. „Denn dabei wird die Auseinandersetzung mit dem Sterben noch einmal vertieft", erklärt sie. Und falls gerade kein Zimmer im Haus frei ist, hilft die Johanniter-Mitarbeiterin auch weiter: „Wir schaffen dann ein Netzwerk aus ambulanten Hilfen."

Einen Brief ihrer Enkeltochter hat Karin Barz mit in das Hospiz genommen. „Ich liebe Dich so sehr, dass es keine Worte gibt und auch keine Zeichensprache", hat die Grundschülerin ihr in ordentlichen Buchstaben aufgeschrieben. Besuchen wird sie ihre Großmutter auch. „Sie will doch sehen, wo Oma jetzt ist", sagt Karin Barz. „Und hier im Garten am Hospiz kann sie dann wunderbar spielen."

27.08.2015 - Wiehl