Lebenslust und leuchtende Augen in schweren Zeiten


Als Cindy Müller erfahren hatte, dass sie Brustkrebs hat, war sie gerade einmal 19 Jahre alt. Ein Leben voller Pläne zerbrach, nichts schien mehr sicher. Die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau wurde unmöglich. „Ich habe anfangs nur geweint", sagt die Nümbrechterin, wenn sie an die schwere Zeit vor gut vier Jahren zurückdenkt.


2012 im Januar zog sie zurück in ihr Elternhaus in Berkenroth. Es hatten sich Knochenmetastasen entwickelt und Cindy litt unter einem Rückenbruch. Dadurch war sie auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. Ihr Jugendzimmer voller Fotos und Erinnerungen wurde zu ihrem Rückzugsort. Die Krankheit nahm ihren Lauf - und der Alltag wurde diktiert von kräftezehrenden Behandlungen sowie immer neuen Ängsten. Und auch Einsamkeit, weil viele Freunde sich von ihr abwandten. Zu viel für die junge Frau, um es alleine auszuhalten. „Ich musste einfach mit jemandem über diese Dinge sprechen. Es ist schwer, wenn die Freunde sich plötzlich fast alle in Luft auflösen. Und ich wollte doch nicht immer nur meine Eltern und Geschwister belasten", erklärt Cindy. Daraus entwickelte sich ihr Wunsch, Kontakt zu einer Hospizhelferin aufzunehmen.

Über die Leitung des Kinder- und Jugendhospizes Balthasar in Olpe, wo Cindy zu Gast war, hat sie vom Johannes-Hospiz der Johanniter in Wiehl erfahren. Dort wiederum vermittelte man der Familie den Kontakt zum ambulanten Hospizdienst der Malteser für Wiehl und Nümbrecht. Dessen ehrenamtliche Hospizhelferinnen und Hospizhelfer begleiten nach umfassender Ausbildung schwerkranke Menschen und deren Familien in ihrer häuslichen Umgebung.


Zitat: „Sie tröstet mich, wenn es mir schlecht geht oder ich Angst habe"

Es folgte ein Gespräch von Cindy und ihren Eltern, Katrin und Michael Tapper, mit Koordinatorin Anke Bidner vom Malteser Hospizdienst. „Cindy wünschte sich eine jüngere Person an ihrer Seite, mit der sie reden, aber auch etwas unternehmen kann", berichtet Anke Bidner. Ihre Wahl fiel auf Tina Eyer, die Cindy nun seit Mai 2013 begleitet. Ein Glücksfall, wie sich schnell herausstellte. „Ich kann mit Tina über alles reden, selbst über den Tod. Sie kann mich trösten, wenn es mir schlecht geht oder ich Angst habe. Tina begleitet mich sogar zum Arzt oder zur Chemotherapie. Ich vertraue ihr", sagt Cindy.

Tina Eyer vom ambulanten Hospizdienst der Malteser begleitete Cindy MüllerDabei steht bei den wöchentlichen Treffen mit der Hospizhelferin nicht zwangsläufig immer nur die Krankheit im Mittelpunkt. Es geht auch darum, ein Stück Normalität zu leben. „Beim Minigolf hat Cindy mich zum Beispiel haushoch geschlagen. Eigentlich müssten wir auch endlich mal wieder kniffeln", lacht Tina Eyer - woraufhin Cindys Augen unverkennbar vor Freude und Lebenslust leuchten. Aller Probleme zum Trotz. Was an den wöchentlichen Besuchstagen passiert, entscheiden die beiden jungen Frauen spontan. Eben je nach Cindys Wohlbefinden.


Besonders gefreut hat sich die Nümbrechterin über den Besuch im Duisburger Zoo. Es war die Erfüllung eines großen Wunsches. Denn Cindy Müller wollte unbedingt die Delfine sehen. Ermöglicht wurde der Tag im Zoo durch die gelebte Kooperation der Johanniter, die den Krankentransport übernahmen, mit dem Förderverein der Hospizarbeit in Wiehl, der den Ausflug finanzierte, sowie den Maltesern, die für die ambulante Begleitung sorgten. So ging es unter anderem mit Tina Eyer nach Duisburg. Und wie groß Cindys Freude über diesen Ausflug war, zeigt sich auch jetzt noch: „Wir durften die Delfine aus nächster Nähe beobachten, und der Tierpfleger hat uns alles genau erklärt. Es war genau so, wie ich es mir erhofft hatte." Ein Tag den Cindy Müller nicht vergessen wird - und der ihr auch ein Stück weit Kraft gegeben hat, um weiter gegen den Krebs anzukämpfen.

Am 19. November 2014 ist Cindy friedlich eingeschlafen.

12.01.2015 - Wiehl/Reichshof